Weine und Weintipps

Für viele passionierte Beizengängerinnen und Beizengänger bedeutet ein gutes Glas Wein den Unterschied zwischen profaner Verpflegung und einem gepflegten (Abend-)Essen. Uns geht es genauso, weshalb ein kurzer önologischer Exkurs seit letztem Jahr ein fester Bestandteil von Waltis Beizenführer ist. In der letzten Ausgabe hat uns Master of Wine Philipp Schwander Tipps gegeben, wie eine Weinkarte gewinnbringend gelesen werden kann und uns verraten, worauf Weinprofis achten. Dieses Jahr nimmt uns Weinakademiker Markus Fuchs mit auf eine Reise in die Toskana, eine der beliebtesten Weinregionen überhaupt.

Die Weinberge der Toskana: Ein Paradies für Trauben
Die Toskana ist nicht nur bekannt für ihre wunderschöne Landschaft, historische Städte und reiche Kultur, sondern auch für sehr hochwertige Weine. Mit ihren sanften Hügeln und einem gemässigten Klima bietet die Region optimale Bedingungen für den Rebbau. Ein Blick auf die Weinvielfalt der Toskana offenbart eine faszinierende Welt von traditionellen, meist Sangiovese-basierten Weinen bis hin zu modernen Supertoskanern.

Die Toskana ist untrennbar mit der Sangiovese-Traube verbunden, einer autochthonen Rebsorte, die den Grossteil der traditionellen Weine der Region prägt. Chianti, Brunello di Montalcino und Vino Nobile di Montepulciano sind Beispiele für Sangiovese-Weine, die die Essenz der toskanischen Weintradition verkörpern.

Chianti: Eine Ode an die toskanische Weintradition
Chianti, benannt nach dem gleichnamigen, zwischen den Städten Florenz und Siena liegenden Gebiet, ist wohl der berühmteste toskanische Wein. Die touristisch gut erschlossene Region ist neben dem Wein auch für die historischen Dörfer und von Zypressen gesäumten Strassen bekannt.

Die Geschichte des Chiantis reicht bis ins Mittelalter zurück. Die ersten dokumentierten Erwähnungen der Weinproduktion stammen aus dem 13. Jahrhundert. Die Gegend hat im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Veränderungen erlebt, aber die Liebe zum Rebensaft und die Pflege der Weintraditionen sind bis heute erhalten.

Das Klima, geprägt von heissen Sommern und milden Wintern, schafft ideale Bedingungen für den Anbau von Sangiovese, die unangefochtene Leitsorte in Chianti. Diese autochthone, d.h. ausserhalb der Toskana kaum angebaute Sorte ist für ihren unverwechselbaren Charakter bekannt, der sich in den Weinen durch fruchtige Aromen, lebendige Säure und einer gewissen Würzigkeit manifestiert. Chianti-Weine müssen laut den Vorschriften der Denominazione di Origine Controllata (DOC) zu mindestens 80% aus Sangiovese bestehen.

Das Chianti-Gebiet ist in verschiedene Unterzonen unterteilt, wobei das Chianti Classico als Herz der Region gilt. Chianti Classico wurde 1716 als eine der ersten ausgewiesenen Anbauzonen anerkannt. Sie beschränkte sich auf das Land um die Dörfer Radda, Gaiole, Castellina und Greve.

Chianti-Weine bieten eine beeindruckende Vielfalt, von einfachen und fruchtigen Varianten bis hin zu komplexen und alterungsfähigen Riservas. Junge Chianti zeigen oft frische Kirsch- und Beerenaromen. Mit zunehmender Reife entwickeln sie subtile Nuancen von Leder, Tabak und Gewürzen.

Brunello di Montalcino: Die Quintessenz des Sangiovese
Die Weinproduktion in Montalcino hat eine lange Geschichte, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Der Name Montalcino wurde erstmals im 9. Jahrhundert dokumentiert. Der Weinbau hat sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Der Brunello di Montalcino wurde jedoch erst im 19. Jahrhundert als eigenständiger Wein anerkannt.

Montalcino, ein malerisches toskanisches Städtchen, hat sich als Synonym für einen der edelsten Weine Italiens etabliert - den Brunello di Montalcino. Dieser Rotwein wird ausschliesslich aus Sangiovese Grosso, einem speziellen Sangiovese-Klon, hergestellt. Der Brunello muss vor der Vermarktung mindestens vier Jahre reifen, wovon mindestens zwei Jahre in Holzfässern. Dieser Reifeprozess verleiht dem Brunello seine beeindruckende Struktur, Tiefe und ein grosses Alterungspotential. Brunello di Montalcino repräsentiert die höchste Ausdrucksform der Sangiovese-Traube.

Neben dem Brunello di Montalcino gibt es den Rosso di Montalcino, oft als «kleiner Bruder des Brunello» bezeichnet. Er wird aus den gleichen Trauben wie der Brunello hergestellt, reift jedoch kürzer und ist früher trinkreif. Der Rosso bietet eine meist leichtere, aber auch preiswertere Variante der Weine aus Montalcino.

Vino Nobile di Montepulciano: Eleganz und Finesse
In der Region Montepulciano wird der Vino Nobile di Montepulciano produziert, ebenfalls überwiegend aus der Sangiovese-Traube, die hier Prugnolo Gentile genannt wird. Anders als der ähnlich klingende Montepulciano d’Abruzzo, der nach einer anderen Rebsorte benannt ist, zeichnet sich der Vino Nobile durch eine elegante Struktur und Finesse aus.

Die Stadt Montepulciano ist ein Juwel der Renaissance, mit historischen Palästen, Kirchen und Plätzen, die von einer reichen Geschichte zeugen. Die umliegenden Weinberge erstrecken sich über Hügel und Täler, von wo atemberaubende Ausblicke auf die toskanische Landschaft genossen werden können.

Die Renaissance des Weinbaus: Die Ära der Supertoskaner
In den 1970er Jahren erlebte die toskanische Rebbaulandschaft eine Revolution, als einige Winzer begannen, Weine zu produzieren, die nicht den traditionellen DOC- und DOCG-Regeln entsprachen. Supertoskaner oder Supertuscans, da es sich um eine amerikanische Erfindung handelt, ist eine nicht offizielle Kategorie toskanischer Weine, die lange keinen DOC-Status besassen und damit nur als einfache Vino da Tavola vermarktet werden durften. Sie erhoben jedoch meist den Anspruch, das Niveau der besten toskanischen Qualitätsweine zu erreichen oder zu übertreffen. Das wesentliche Merkmal dieser Kategorie ist die bewusste Annäherung an einen international gängigen und kommerziell erfolgreichen Weinstil, sprich französische Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc oder Merlot, die Reifung in Barriques sowie oft modernste Produktionsmethoden.

Die Supertoskaner haben sowohl das Qualitätsniveau als auch den kommerziellen Erfolg italienischer Weine positiv beeinflusst. So haben die Erfolge des Sassicaia und des Tignanello gezeigt, dass Italien in der Lage ist, Weine von internationalem Format zu produzieren und damit die Aufmerksamkeit von Weinliebhabern auf der ganzen Welt auf sich zu ziehen.

Der Ursprung der Supertoskaner geht denn auch auf den Sassicaia zurück, der als Pionier dieser Bewegung gilt. In den 1940er Jahren begann Marchese Mario Incisa della Rocchetta, auf seinem Anwesen San Guido in der Maremma, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc anzupflanzen. Die Entscheidung, internationale Rebsorten in der Toskana anzubauen, war zu dieser Zeit revolutionär. Obwohl der 1968 erstmals produzierte Sassicaia nicht als DOC-Wein anerkannt wurde, war sich die Fachwelt schnell bezüglich der aussergewöhnlichen Qualität dieses Weins einig.

Der Sassicaia wurde zum Vorbild für eine ganze Reihe weiterer Supertoskaner, die mittlerweile in der gesamten Region, jedoch schwergewichtig in der Maremma, einem Küstenstreifen südlich von Livorno produziert werden. Bekannte Namen sind unter anderem Solaia, Le Pergole Torte, Ornellaia, Masseto, Sapaio, Flaccianello, Solengo oder Guado al Tasso. Die Supertoskaner komplettieren die traditionelle toskanische Weinwelt auf eindrückliche Weise.

Weiss- und Süssweine: Leider oft im Schatten der Roten
Neben Rotweinen produziert die Toskana auch Weissweine, oft aus den Rebsorten Trebbiano, Vernaccia oder Vermentino sowie den Vin Santo, einen alkoholstarken Süsswein, der typischerweise zu Cantuccini gereicht wird. Die blumigen und frischen toskanischen Weissweine und die kräftigen Süssweine sind teilweise exzellent, haben aber selten das Renommee der grossen toskanischen Rotweine. Empfehlenswert sind sie dennoch.

Toskana: Mehr als nur Wein
Die Toskana ist ein Paradies für Wein- und für Kulturliebhaber. Historisch bedeutende Städte wie Florenz, Siena und Pisa bieten eine kulinarische Szene, die ausgezeichnet mit den lokalen Weinen harmoniert. Die toskanische Küche, geprägt von Olivenöl, frischem Gemüse und hochwertigem Fleisch, ergänzt die Weine perfekt.

Die Gewächse der Toskana erzählen eine Geschichte von Tradition, Innovation und Liebe zum Detail. Von den klassischen Sangiovese-Weinen bis zu den avantgardistischen Supertoskanern repräsentiert die toskanische Reblandschaft eine faszinierende Reise durch Aromen, Geschichte und Landschaft. Ein Glas toskanischen Weins zu geniessen bedeutet, in die Seele dieser einzigartigen Region einzutauchen und die Leidenschaft der Winzerinnen und Winzer für ihre Kunst zu spüren. Die Toskana ist nicht nur eine geografische Region, sondern ein Lebensstil, der sich in jedem Schluck ihrer erlesenen Tropfen widerspiegelt.


Markus Fuchs, Weinakademiker


Passionierte Beizengängerinnen und Beizengänger schätzen ein gutes Glas Wein zum Essen. Das geht auch uns allen im Team des Beizenführer so. Wir haben uns deshalb auf die Suche nach einem Weinkenner gemacht, der unseren Leserinnen und Lesern noch mehr Hintergrundinformationen über die faszinierende Welt der Weine geben könnte. Freude herrscht: Mit Philipp Schwander, dem ersten Schweizer Master of Wine – einer exklusiven Auszeichnung nach einem umfassenden Weinstudium – und Inhaber der «Selection Schwander», einer ausserordentlich erfolgreichen Weinhandlung, ist ein «Weinwisser» der Extraklasse zu uns gestossen. Quasi als «Einstand» präsentiert er Ihnen heute seine Tipps zum Lesen einer Weinkarte und wie sich gute von schlechten Weinmenüs unterscheiden.

Wie beurteilt man eine eine Weinkarte?
Eine Weinkarte zu beurteilen ist nicht ganz einfach, noch dazu ist es oftmals eine subjektive Angelegenheit. Liebhaber von Bordelaiser Gewächsen dürften sich beispielsweise weniger an einem mageren Burgunder-Angebot stören, dafür aber umso begeisterter von einer umfangreichen Bordeauxauswahl sein.

Ich persönlich beurteile eine Weinkarte nach folgenden Kriterien:

  • Angebotene Weine – Selektion
  • Offene Weine
  • Preisniveau
  • Darstellung – Übersichtlichkeit – saubere Ausführung


Angebotene Weine
Das Angebot sollte selbstverständlich mit dem Auftritt des Restaurants korrespondieren. Von einem einfachen Bistro erwarte ich eine kleine, preislich vernünftige Weinauswahl, bei einem mondänen Sterne-Restaurant darf man zu Recht auf eine reichhaltigere Karte mit einem internationalen Angebot hoffen. In einem italienischen Restaurant rechne ich nicht mit einem Bordeaux-Sortiment, sehr wohl jedoch mit einer angemessenen Selektion italienischer Weine. Auch die Örtlichkeit spielt eine Rolle: In der Bündner Herrschaft oder im Lavaux ist eine schöne Auswahl an regionalen Gewächsen ein Must, in einer weltoffenen Stadt wie Zürich möchte ich sicherlich von einem vielfältigen Angebot aus aller Welt profitieren können.

Eine zunehmend verbreitete Unsitte in manchen europäischen Metropolen ist die dogmatische Ausrichtung auf sogenannte «Naturweine». Diese Bezeichnung ist nicht geschützt und wird für Erzeugnisse verwendet, die besonders umweltschonend und natürlich erzeugt sein sollen. Sehr oft sind diese Weine allerdings fehlerhaft und schmecken hauptsächlich esoterischen (oder naiven) Szenegängern. Es sei jedem Restaurantbetreiber freigestellt, solche angeblich «natürlichen» Weine anzubieten, findet man jedoch ausschliesslich derartige «Preziosen» auf der Karte, ist das nicht nur unklug, sondern auch ein Affront gegenüber den normalen Konsumenten.


Handschrift der Selektion
Es gibt zahlreiche, recht gute Weinkarten, doch was unterscheidet sie von den exzellenten? Ein Kenner erfasst sofort, ob der Weinverantwortliche seine Tätigkeit mit Passion und Herzblut ausübt, oder ob er einfach die gängigen Marken (von Aigle les Murailles über Dom Pérignon bis Sassicaia) auf die Karte gepackt hat. Eine wirklich überzeugende Selektion enthält auch weniger bekannte Trouvaillen abseits der ausgetretenen Pfade, idealerweise von (noch) unbekannten Winzern, die sich in Insider-Kreisen aber bereits einen Namen gemacht haben. Nichts gegen Villa Antinori und Mouton-Rothschild: Wer lediglich solche Gewächse auf seiner Karte führt, beweist zwar viel guten Willen, jedoch nicht unbedingt grosse Kennerschaft.


Offene Weine
Ein gepflegtes Weinangebot enthält stets auch eine Selektion von offenen Weinen. Auch hier empfiehlt sich eine ausgewogene Auswahl verschiedener Weintypen. Es mag zwar beeindrucken, wenn sich der Sommelier als versierter Kenner deutscher Rieslinge beweist, sind neben diesen aber fast keine Weissweine vertreten, ist das für manche Kunden durchaus frustrierend.

Entscheidend beim Offenausschank ist auch, dass sämtliche Weine in einwandfreiem Zustand serviert werden. Leicht oxidierte Gewächse, die zu lange offengestanden haben, dürfen auf keinen Fall ausgeschenkt werden. Um solche Weine zu erkennen, bedarf es einer entsprechenden Schulung des Personals.


Preisniveau
Je anspruchsvoller die Küche, desto grösser darf der Aufschlag pro Flasche sein. Eine einfache Gaststätte mit schlichter Küche sollte im eigenen Interesse eine moderatere Preispolitik pflegen als ein Lokal, das eine ganze Küchenbrigade beschäftigt und aufwendige Gerichte auf den Teller zaubert. Ein Wirtshaus im Thurgau dürfte zudem über eine völlig andere Kostenstruktur verfügen als ein Restaurant am Zürcher Paradeplatz.

Eine anhaltend weitverbreitete Unart ist die Berechnung der Weinpreise mittels einem Faktor, zum Beispiel mal 3 oder mal 4. Diese Kalkulationsmethode ist nicht nur veraltet, sondern auch kontraproduktiv, führt sie doch dazu, dass die preiswerten Weine tendenziell zu günstig, die kostspieligen dagegen viel zu teuer sind und deshalb kaum Abnehmer finden. Gerade bei den teuren Weinen muss der Gastronom davon ausgehen, dass sie von Kennern bestellt werden, die sehr wohl über die Ladenverkaufspreise orientiert sind. Bei einem zu saftigen Aufschlag wird der Gast sich hüten, diesen Wein zu bestellen, sondern ihn lieber zu Hause trinken. Vernünftig wäre, einen fixen Aufschlag pro Flasche zu errechnen, der einen rentablen Betrieb ermöglicht. Bei vielen Restaurants bewegt sich dieser Aufpreis zwischen 20 bis maximal 60 Franken. Wer zu hohe Aufschläge vornimmt, riskiert, dass die Gäste ihren Weinkonsum möglichst tief halten und verdient letztlich weniger als bei einer sinnvoll abgestimmten Kalkulation.


Darstellung – Übersichtlichkeit – saubere Ausführung
Gastgeber gepflegter Lokale, die auf eine physische Weinkarte verzichten und den Kunden zumuten, diese auf das Mobiltelefon herunterzuladen, sind nicht innovativ, sondern schlicht und ergreifend unverschämt. Auch das Weinangebot auf einem Bildschirm lesen zu müssen, ist weder originell noch kundenfreundlich.

Eine Weinkarte sollte übersichtlich und leicht lesbar sein, geordnet nach Anbauregionen, Traubensorten oder anderen hilfreichen Kriterien. Eine regelmässige Erneuerung ist Pflicht; zerlesene Exemplare oder solche, bei denen etwa Jahrgänge von Hand korrigiert oder gestrichen wurden, machen einen miserablen Eindruck. Sehr oft korreliert eine ungepflegte Weinkarte mit einer entsprechenden Küche.

Überdies sind manche ausländischen Weine ein wahres Minenfeld für fehlerhafte Bezeichnungen. Ist der Patron in dieser Disziplin nicht sattelfest, sollte er seine Weinhändler auffordern, die Karte zu korrigieren. Ein Fauxpas sind auch den Anbauregionen falsch zugeordnete Weine. Wenn der Pouilly-Fuissé beispielsweise in der Loire landet, weil der Gastgeber diesen Wein mit einem Pouilly-Fumé verwechselt hat, ist dies eine doch sehr offensichtliche und unglückliche Demonstration mangelnder Sachkenntnis.


Philipp Schwander
Master of Wine


Unsere Partner und Sponsoren

ImpressumDatenschutzAGB

Wir benutzen auf dieser Webseite Cookies.
Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.